Die erste Veröffentlichung zu dem Projekt aus dem Jahr 1989
Die Ökosiedlung im Baugebiet am Cherbonhof
Nachbarschaftlich — Umweltbewußt — Landschaftsangepaßt
Die Ökosiedlung (1,4 ha) ist Teil des Neubaugebietes am Cherbonhof (ca. 14 ha) in Bamberg-Gaustadt, das ca. zwei km nordwestlich vom Domplatz in dem topographisch bewegten Gelände zwischen Regnitztal und Michaelsberger Wald liegt. Die Siedlung wurde auf Initiative des Bundes Naturschutz von dem Architekten Theodor Henzler, Beratzhausen als Beispiel einer ganzheitlichen Stadtentwicklung menschen- und umweltgerecht geplant. 1981 bildete sich eine Bauherrengemeinschaft, deren Mitglieder wegen der langen Planungszeit häufig wechselten. Die Gruppe konnte ihr Anliegen nur in einem mühevollen Planungsprozess politisch durchsetzen.
Mittlerweile nimmt der Verein „Nachbarschaftliches Wohnen in der Ökosiedlung am Cherbonhof e.V." die gemeinschaftliche Interessen der Bewohner wahr. Die Einfamilienhäuser*, die man als Atriumreihenhäuser bezeichnen kann, wurden von Mitte 1985 bis Mitte 1988 geplant und bezogen. Die 21 altengerechten Mietwohnungen des Evangelischen Siedlungswerkes in Bayern können erst Mitte 1989 bezogen werden. Die Gemeinschaftseinrichtungen, Verkaufspavillons und einige Außenanlagen werden als letzte Vorhaben 1989 fertig.
Das Siedlungskonzept zeichnet sich durch eine abwechslungsreiche Folge von Straßen, Gassen und Plätzen aus. Den privaten möglichst sichtgeschützten Innengärten („Wohnzimmer im Grünen") stehen vielfältige nutzbare Wohnhöfe und Straßenräume gegenüber, die ohne Einzäunung von Vorgärten bis an die Gebäude (Platzwände) heranreichen.
Das „Dörfchen" wird durch einen Gürtel von Garagen mit darüber gebauten Nebengebäuden und durch Verkaufspavillons nach Norden zur verkehrsreichen Haupterschließungsstraße abgeschirmt. Im Süden sollen noch ein Obstbaum- und Gemüsefeld die Siedlung abschließen und auch zur Selbstversorgung beitragen.
Alle Häuser wurden im Rahmen der Festsetzungen des Bebauungsplanes und der besonderen gestalterischen und nachbarrechtlichen Bedingungen in eigener Verantwortung der Bauherren und ihrer Architekten gestaltet. Bewusst wurde ein Mittelweg zwischen der Monotonie von Bauträgersiedlungen und dem oft gestalterischen Chaos von Baugruppen freistehender Einfamilienhäuser gesteuert. Im Bundeswettbewerb „Familienwohnung und Familienheim 1983/84" wurde das Projekt für eine hervorragende Lösung mit einer Plakette ausgezeichnet.
Ein Besuch der Siedlung kann anschaulich machen, wie weit die früher übliche Mischung der Funktionen Wohnen, Arbeiten, Versorgen, Bildung, Freizeit und Verkehr unter den gegebenen politischen Rahmenbedingungen und dem vorherrschenden Lebensstil umweltgerecht verwirklicht werden kann und wie weit die Anregung des Landesamtes für Denkmalpflege im Bebauungsverfahren, »die Neuplanung an dem historischen Stadtgrundriss des Stadtensemble Bamberg zu orientieren", wenigstens in einem Teilgebiet angemessen gelungen ist. Es stellt sich daher abschließend die allgemeine Frage: Kann die alte Stadt oder das alte Dorf Schule der neuen Stadt sein?
Aufsatz aus der Zeitschrift "Der Bayer. Schulgeograph Heft 25, 1989 zum Landesschulgeographentag in Bamberg zum Thema "Bauliches Erbe - Chance und Verpflichtung" von Gerhard Henzler, Tarvisstraße 12, 96049 Bamberg, Tel.: 0951/64163